Ich wollte lässig wirken. Dieses rückwärts-auf-den-Tisch-Setzen, das Leute machen, die unfassbar kluge Dinge sagen und dabei aussehen, als hätten sie das Leben verstanden. Ein souveräner Rückwärtsschritt, eine elegante Landung, ein beiläufiges „Schön, dass Sie da sind“ – und alle hätten gedacht: Wow. Die hat’s drauf.
Stattdessen setzte ich mich mit voller Wucht vor sehr, sehr vielen Menschen in einen Napf Stecknadeln.
Der Schmerz war sofort da. Dann der Schock. Und dann das Begreifen: Das ist jetzt meine Realität. Kein Rückgängig-Button. Ich spürte, wie mein Herz raste, mein Körper wollte weg. Mein Gehirn dagegen lieferte genau null (!) brauchbare Lösungen. Vielleicht stillhalten, bis alle vergessen, dass ich existiere? Oder langsam vom Tisch rutschen und hoffen, dass es wie Absicht wirkt? Vielleicht einfach sterben?
Aber Flucht war ausgeschlossen. Ich war mitten im Raum, alle sahen mich an – das hier gehörte mir, ob ich wollte oder nicht.
Also stand ich auf, zog mir die Stecknadeln eine nach der anderen aus dem Hintern und sagte: Ich wollte diese Veranstaltung mit etwas sehr Persönlichem eröffnen.
Stille. Dann Lachen. Und plötzlich war der Raum mit mir.
Später hieß es, die Veranstaltung sei eine der besten gewesen. Ich bezweifle, dass das an meinen überragenden Inhalten lag. Wahrscheinlicher ist: Es lag daran, dass ich mich gezeigt habe.
Unser Gehirn behandelt Peinlichkeit wie eine echte Bedrohung. Das limbische System feuert Alarmstufe Rot, als wäre unser sozialer Untergang besiegelt. Aber das ist eine Illusion: Niemand denkt so lange über unsere Missgeschicke nach wie wir selbst. Und oft entsteht genau in diesen Momenten das, was uns wirklich mit anderen verbindet – nicht Perfektion, sondern unser Chaos.
Unangenehm wird es erst, wenn wir uns dagegen wehren. Wer nach einem Sturz panisch um sich blickt, macht es schlimmer. Wer stattdessen liegen bleibt, kurz über seine Lebensentscheidungen nachdenkt und sich dann mit einer Verbeugung erhebt, gewinnt doch, oder?