Loslassen ist einfacher gesagt, wenn man nicht selbst an der Klippe hängt.

Kristin Kirchhoff

Kristin Kirchhoff

16.03.2025

Loslassen klingt immer nach Befreiung. Als wäre es nur eine Frage der Entscheidung: Öffne die Hand, lass es fallen, geh weiter. Wer an der Seitenlinie steht, kann sich das leicht sagen. Aber wer jemals selbst an dieser Klippe hing – mit der Aussicht auf ein Nichts, das vielleicht Freiheit bedeutet, aber sich verdammt nach Kontrollverlust anfühlt –, der weiß: Loslassen ist nicht der Akt. Loslassen ist der Kampf mit sich selbst davor.

Denn eigentlich halten wir doch selten an Dingen fest, weil sie gut für uns sind. Wir halten an ihnen fest, weil sie mal gut für uns waren. Oder weil sie es hätten sein sollen. Weil so viel investiert wurde. Weil das, was kommt, so viel ungewisser ist als das, was bleibt.

Viele Menschen glauben, sie klammern sich an eine Beziehung, einen Job, eine Idee von sich selbst. Aber oft klammern sie sich an eine Geschichte: die, in der es sich doch noch irgendwie auszahlen könnte. Die, in der sich die jahrelange Mühe, die Kompromisse, die schlaflosen Nächte irgendwann lohnen.

Und genau das macht Loslassen so brutal. Denn man lässt nicht nur das los, was nicht mehr passt – sondern auch die Hoffnung, dass es doch noch hätte passen können.

Im Coaching begegnet mir das oft: Das Zögern, der letzte Funken Hoffnung, das Gefühl, dass das Sprungbrett fehlt. Und dann irgendwann die Erkenntnis: Der Sprung ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass wir darauf warten, dass er sich leicht anfühlt.

Aber er fühlt sich nie leicht an. Nur irgendwann überfällig.

Loslassen ist kein dramatischer „Jetzt reicht’s“-Moment. Es ist ein stilles, leises, oft schmerzhaftes Eingeständnis: Dass etwas vorbei ist. Dass es nie wieder so sein wird, wie wir es uns erhofft hatten. Dass wir uns selbst nicht mehr belügen wollen.

Und trotzdem halten wir uns fest. Nicht, weil es funktioniert, sondern weil es vertraut ist. Weil sich auch ein Abgrund sicherer anfühlt als der freie Fall.

Bis wir irgendwann merken: Wir halten uns nicht mehr an etwas fest – sondern nur noch an der Angst davor, was passiert, wenn wir loslassen.

Und dann lassen wir los. Nicht, weil wir mutig sind. Sondern, weil die Fallhöhe längst nicht mehr das Problem ist.

Bleiben Sie inspiriert. Bleiben Sie informiert. – Newsletter abonnieren!

Der Businesskomplizen® Newsletter erscheint alle paar Monate und bietet Ihnen ausgewählte Impulse, neue Perspektiven und hilfreiche Hinweise zu Terminen und Veranstaltungen. Klar, durchdacht, auf den Punkt.

 

Mit einem Klick auf „Jetzt abonnieren!“ bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzbestimmungen akzeptieren und uns die Erlaubnis zur Verarbeitung Ihrer Daten erteilen. Sie können sich jederzeit über den Abmeldelink in jeder E-Mail vom Newsletter abmelden.

←  Alle Beiträge