Powerfrau. Und alle so: Woooow!

Kristin Kirchhoff

Kristin Kirchhoff

28.04.2025

Ja, ich weiß.
Über diesen Begriff wurde schon tausendmal gesprochen. Allen voran Carolin Kebekus,
die ihn auf denkbar großartige Weise seziert hat. 

Und trotzdem: Gestern hörte ich ihn wieder. Zu mir. Mit voller Anerkennung. „Du bist so eine Powerfrau, Kristin.“

Rundherum: weitere Frauen. Kurze Stille. Dann Blicke. Ein bisschen bewundernd. Ein bisschen prüfend. Als wollten sie sehen: Ist sie das wirklich?

Powerfrau. Das klingt nach Applaus. Ist aber ein Etikett. Eines mit eingebautem Erwartungsdruck.

Denn niemand sagt „Powermann“. Nicht, weil Männer weniger leisten – sondern weil man ihnen Leistung einfach unterstellt. Sie gelten als kompetent, bevor sie etwas tun. Sie dürfen einfach genügen.

Wann habt ihr zuletzt Männer erlebt, die sich auf die Schulter klopfen und sagen:
„Wow. Du bist so ein Powermann, Hans-Joachim.“?

Eben.

Bei Frauen scheint es oft nicht zu reichen,
einfach zu wirken, zu entscheiden, zu gestalten. Da braucht es ein Label, wenn jemand viel bewegt, viel trägt, viel gleichzeitig macht. Dann: Powerfrau.

Es wirkt wie ein Kompliment, ist aber oft nur eine elegante Verpackung für eine irritierte Reaktion.

Denn was genau macht diese Frau eigentlich anders? Ist es die Effizienz? Die Energie?
Oder nur die Tatsache, dass sie all das zeigt – ohne sich dafür zu entschuldigen?

Und was passiert, wenn sie es mal nicht ist?
Wenn sie zweifelt, abschaltet, keinen Plan hat, keine Meinung – oder schlicht: keinen Bock?

Fällt sie dann raus aus der Kategorie? Ist sie dann einfach nur noch Frau – oder gleich: nicht genug?

Ich ertappe mich selbst: Wie ich das Wort denke. Wie ich Frauen bewundere –
nicht, weil sie alles aushalten, sondern weil sie gestalten. Weil sie Dinge in die Hand nehmen, sich durchsetzen, kraftvoll sind, eigensinnig. Nicht angepasst, sondern präsent.

Aber nie bei einem Mann. Nicht, weil es dort nichts zu bewundern gäbe – sondern weil es dort keine Zusatzkategorie braucht.

Und dann frage ich mich: Was ist eigentlich mit denen, die gar nicht erst „Powerfrau“ genannt werden? Die vermeintlich nicht auffallen. Die nicht nach vorne drängen. Die keine Bühne suchen. Die einfach jeden Tag tun, was getan werden muss. Ohne Etikett. Ohne Applaus.

Vielleicht wäre echte Gleichwertigkeit nicht,
dass alle ständig gefeiert werden – sondern dass niemand mehr gefeiert werden muss, um gesehen zu werden.

Einfach Mensch.
Auch wenn nichts glänzt.
Auch wenn nichts läuft.
Auch wenn niemand klatscht.

Oder?

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